Neururer redet Tacheles zum DFB-Team bei der EM: “Euphorie wie 2006”
Veröffentlicht am 19. Juni 2024
Bild: Für Peter Neururer ist der Sieg gegen Ungarn nur Formsache. (© Wettfreunde)
Peter Neururers Kolumne zum DFB-Spiel & Dortmunder Trainerwechsel
Am Mittwochabend kann die Deutsche Mannschaft mit einem Sieg gegen Ungarn das Tor zum Achtelfinale bei der Heim-EM bereits sehr weit aufstoßen.
Nach einigen eher unerfreulichen Turnieren in der jüngeren Vergangenheit, könnte das eine Euphorie im Land entfachen, ähnlich dem Sommermärchen 2006.
Spielt Deutschland auch gegen Ungarn mit dieser Form und mit diesem Willen, dann sieht Peter Neururer für dieses Spiel keine Probleme. Der 69-Jährige spricht aber auch über den Auftritt des englischen Teams und den überragenden Anlagen des jüngsten Spielers der EM-Geschichte.
Neururer über DFB-Auftaktspiel: “Besser geht es gar nicht”
Liebe Wettfreunde,
die Europameisterschaft ist in vollem Gange. Wunderbar angekommen, vor allen Dingen durch das Ergebnis der deutschen Mannschaft. Besser kann man gar nicht einsteigen.
Am Freitag ein 5:1 gegen die Schotten. Sie haben die Schotten nicht dicht gehalten, diese Schotten. Taktisch mit Sicherheit nicht gerade gut ausgerichtet, aber man sollte da den Gegner mehr oder weniger vergessen. Bis auf diese eine Standardsituation, die zum Gegentor führte, ein Eigentor übrigens, hat die deutsche Mannschaft ein hervorragendes Spiel gemacht.
Da sollte man wirklich die deutsche Mannschaft mal in den Vordergrund stellen. Überragendes Fußballspiel, nach vorne gut strukturiert, die einzelnen Spieler hervorragend. 1:0 in Führung, 2:0 in Führung und dann nicht verwaltet, sondern auf das dritte Tor gegangen.
Dann kommen frische Jungs rein, die brennen und machen durch Zufall oder wie auch immer, ich sage durch wunderbares Engagement und durch gute Leistung, das dritte, das vierte und das fünfte Tor.
Also besser geht es gar nicht. Eine Euphorie ist entstanden und Erinnerungen werden wach, an die Stimmungslage 2006. Die deutsche Mannschaft , auf diesem Wege, mit dieser Art und Weise, wie sie Fußball spielen, mit Sicherheit der große Hoffnungsträger. Nicht nur für gute Stimmung, sondern eben auch für gute Ergebnisse.
Aber, jetzt kommt das große Aber. Es wird mit Sicherheit nicht noch mal so leicht wie gegen die Schotten. Ungarn und auch die Schweiz sind andere Gegner. Obwohl die Ungarn mich persönlich auch ein klein wenig enttäuscht haben, mit der Art und Weise wie sie gegen die Schweizer gespielt haben. Die Schweizer haben das Spiel verdientermaßen gewonnen.
Das war eine tolle Leistung von den Schweizern, auf jeden Fall 65 bis 70 Minuten. Dann haben die Ungarn ein klein wenig aufflackern lassen, was da möglicherweise in ihnen steckt. Aber ich glaube, wie ich die Mannschaft jetzt gesehen habe, welche aktuelle Form ich gesehen habe, wir dürfen durchaus optimistisch sein, dass wir die Vorrunde endlich mal wieder überstehen und vor allen Dingen dabei noch tollen Fußball sehen.
Peter Neururer über Lamine Yamal: “Erinnert mich an Messi”
Anderes Spiel, sehr, sehr auffällig. Ich hatte das große Glück, selbst dabei gewesen zu sein, beim Spiel der Engländer, die eine fantastische Stimmung erzeugt haben, mit ihren Fans gegen die Serben, die sich gut präsentiert haben.
Ein tolles Spiel war es nicht gerade, aber eine tolle Atmosphäre, eine freundschaftliche, friedliche Atmosphäre im Stadion. Was außerhalb war, mit dem einen oder anderen Idioten, der immer wieder mal rumläuft, das lassen wir außen vor. Es war eine tolle Stimmung. Es war eine angenehme Atmosphäre.
Für mich war bisher ein Spieler herausragend, ein Spieler von all den Spielen, die wir gesehen haben. Der erste Spieltag ist ja noch nicht beendet, aber bisher war ein Spieler dabei, der erinnert mich an einen Spieler namens Messi, kommt auch vor der rechten Offensiv Seite, spielt für Spanien.
Yamal, 16 Jahre alt, der jüngste Spieler, der je bei einer Europameisterschaft gespielt hat. Was der Junge für eine Veranlagung hat, ich glaube, da sehen wir jemanden, der auf dem Weg zur Weltklasse ist.
Tolle Eindrücke bisher, muss ich eindeutig sagen. Ich bin zufrieden mit dem, was abgelaufen ist. Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, dass die Stimmung in allen Stadien überragend gut ist. Freundschaftlich. Wir erinnern uns an 2006. Wir sind auf dem besten Weg dahin, sportlich wie eben auch von der Atmosphäre.
Peter Neururer: “Deutschland gewinnt mit 2:0”
Am Mittwochabend, 18:00 Uhr, ist es so weit. Reloaded 2006. Ein Spiel damals in Stuttgart, um den dritten Platz gegen Portugal. Jetzt ein Spiel in Stuttgart gegen die Ungarn um den Gruppensieg, oder zumindest um das Weiterkommen in die nächste Runde.
Deutschland gegen Ungarn. Die Deutschen mit einem hervorragenden Start, die Ungarn nicht ganz so gut. Vom Taktischen her, aber auch vom spielerischen her, gegen die Schweiz berechtigterweise verloren.
Sie haben nur die einzige Möglichkeit, mit Vollgas dieses Turnier noch ordentlich zu gestalten, nach der Auftakt-Niederlage. Sie werden alles geben, aber es wird nicht reichen. Die deutsche Mannschaft ist gefestigt, ist auf dem besten Weg, hat den ersten großen Schritt gemacht und macht jetzt den zweiten. Deutschland gewinnt mit 2:0.
Peter Neururer: “Terzic ist nicht zurückgetreten”
Dann noch ein Thema aus der Bundesliga. Bei Borussia Dortmund hat sich in der Sommerpause was getan. Eigenartigerweise ist der Terzic zurückgetreten.
Ein Dortmund-Fan, der zwischendurch übrigens auch mal den Pokal gewonnen hat, der zwischendurch auch mal die Qualifikation geschafft hat zur Champions League, der jetzt in diesem Jahr mit Sicherheit nicht gerade erfolgreich war in Bezug auf die Bundesliga, Tabellenplatz fünf ist nicht der Anspruch von Borussia Dortmund, aber der das Endspiel erreicht hat, gegen Real Madrid in der Champions League.
Er ist zurückgetreten. Für mich persönlich von der Außendarstellung her ein ganz, ganz toller Schritt. Ein Schritt, den man nach außen sehr gut verkaufen kann. Aber innerlich hat mich das ein klein wenig aufgeregt.
Terzic, ob gut oder schlecht sei dahingestellt, ist nicht zurückgetreten. Erst ist wenn dazu gedrängt worden und darüber hinaus hat sich sein Nachfolger gemeldet. Nuri Sahin, ein äußerst intelligenter, sehr sympathischer Fußballer, den ich ihn noch kenne, der allerdings noch keine Trainerlizenz gemacht hat, der aber jetzt der Nachfolger von Terzic wird.
Man will bei Borussia Dortmund jetzt wieder Aufbruchstimmung. Alles neu machen. Aber da ist es für mich persönlich eigenartig, wenn der neue Trainer aus dem Trainerstab kommt, des Trainers, der jetzt zurückgetreten ist.
Wenn der plötzlich der Nachfolger wird und dann auch mit den Worten, dass er alles besser machen will, dass alles anders läuft. Herzlichen Glückwunsch Borussia Dortmund.
Wenn das nicht von langer Hand geplant ist, dann frage ich mich, wo ist die Loyalität. Denn Nuri Sahin, genauso wie Bender, waren vorher Mitarbeiter von dem Trainer, der sich jetzt verabschiedet hat. Gegangen ist nur einer. Gekommen ist ein Neuer, der kein Neuer ist.