Montoya versteht Mick Schumacher Kritik: “Er braucht mehr Zeit, aber…”
Veröffentlicht am 5. Juli 2022
Bild: Juan Pablo Montoya hängt die Kritik an Mick Schumacher derzeit nicht zu hoch. (© IMAGO / PanoramiC)
Insbesondere nach dem Großen Preis von Monaco vor einigen Wochen erreichte die negative Kritik an Mick Schumacher ihren vorläufigen Höhepunkt. Nachdem er sein Haas-Auto abermals vollständig zerlegte, spekulierten die ersten Medienvertreter gar über einen Rauswurf.
Ganz so weit ist es lange noch nicht. Und dennoch sorgt die Krise des deutschen F1-Youngsters dafür, dass er mehr im Mittelpunkt steht, als ihm vielleicht lieb wäre.
Wir haben mit Ex-F1-Fahrer Juan Pablo Montoya über die Mick Schumacher Kritik und seine Meinung darüber gesprochen. Weitere Themen im Gespräch waren Red Bull und McLaren.
Mick Schumacher Kritik: “Schwierig, weil Magnussen so stark ist”
Als junger Fahrer ist es in der Formel 1 nicht einfach. Das gilt umso mehr, wenn dieser in seinem ersten Jahr ein hoffnungslos unterlegenes Auto pilotiert und dann im zweiten Jahr nur schwer in Gang kommt.
Genau das ist bei Mick Schumacher der Fall, der auch nach einer Saison und neun Rennen in der zweiten noch keinen WM-Punkt holen konnte. Sein neuer Teamkollege Kevin Magnussen hingegen etablierte sich bei seinem Comeback erstaunlich schnell.
Dennoch unterstützte Schumachers Landsmann Sebastian Vettel seinen jungen Kollegen in der Öffentlichkeit und kritisierte seinerseits die vielen negativen Pressestimmen.
Juan Pablo Montoya hat seine ganz eigene Meinung zu den aktuellen Geschehnissen: „Braucht er [Mick] mehr Zeit? Ja, er braucht mehr Zeit!”
“Aber müssen sich die Medien zurückhalten? Das ist schwierig, wenn Magnussen gleichzeitig nach einem Jahr Pause ihn gleich im ersten Rennen schlägt. Wie kann man da erwarten, dass sich die Medien zurückhalten sollen?”
“Es ist halt Mick Schumacher, Sohn des siebenfachen Weltmeisters Michael Schumacher. Er hat in jeder Serie gewonnen, F2, F2. Und dann hast du Magnussen, der eigentlich der Schwächere zein sollte, aber er schlägt Mick jede Woche.”
“Magnussen hat eine zweite Chance bekommen und macht das meiste daraus. Deshalb interessiert ihn nicht wirklich, ob die Dinge gut oder schlecht laufen. So kann er mit deutlich weniger Druck antreten und einfacher Leistungen bringen.”
Kritik an Mick Schumacher: Unfälle als Entwicklungsbremse
Das Problem an den diversen Unfällen von Mick Schumacher ist laut Juan Pablo Montoya, dass sie das ganze Team auf lange Sicht zurückwerfen.
“Haas ist frustriert mit Mick Schumacher. Natürlich baut er keine absichtlichen Unfälle, aber bei jedem großen Crash müssen sie jedes mal alte Teile neu herstellen, um das Auto am Laufen zu halten, anstatt neue Teile zu entwickeln.”
“Dann wird es kompliziert, weil die Zeit zwischen einer Idee und dieser Idee am Rennauto zwei, drei Monate beträgt. Auf dem Papier haben sie vielleicht ein Auto, das auf dem Podium stehen kann. Doch wie schnell bekommen sie es auf die Strecke?”
“Wenn wir uns die Ferrari-Teams anschauen, haben sie im Vergleich zum Vorjahr alle einen großen Schritt gemacht. Ferrari war 2021 ein Auto für P8-P10 und dieses Jahr gewinnen sie.”
“Haas war abgeschlagen am Ende des Feldes und dieses Jahr fahren sie im Mittelfeld. Sie können im Qualifying die Top-10 erreichen, wenn sie es richtig angehen und du denkst dir: wow, großartig. Wenn das Ferrari-Paket funktioniert, sind die stark.”
“Checo ist der erste, der Max zum Nachdenken bringt”
Abseits der Mick Schumacher Kritik und dessen wackligen Leistungen im Haas liegt der Fokus der Öffentlichkeit auf Red Bull an der Spitze. Dort entwickelt sich Sergio Perez zu einem unangenehmen Widersacher für seinen Teamkollegen Max Verstappen.
In Monaco gewann er erstmals in dieser Saison einen Grand Prix und zeigte sich auch in den Wochen davor und danach als gefährlicher Mann für die Spitze.
Juan Pablo Montoya sieht die Teamdynamik durchaus verändert: “Es ist ziemlich interessant, weil die große Frage ist, ob Checo für ein paar mehr Rennen mithalten kann. Kann sich Checo in Max’ Kopf festsetzen?”
“Ich glaube, Checo ist der erste, der Max zum Nachdenken bringt: ‘Warte mal, er schlägt mich schon wieder im Qualifying. Oh, wir sind in Monaco und sie haben ihm die Strategie zum Rennsieg gegeben statt mir, warum?”
“Ich glaube, das war wirklich, wirklich gut. Es war cool, das von Red Bull und zugleich von Checo zu sehen. Aus welchem Grund auch immer gefällt Checo das Auto. Er wirkt selbstbewusst im Auto und Max ist nicht genauso selbstbewusst unterwegs.”
“Die große Frage für die kommenden Rennen und Monate ist, wie Red Bull sein Auto weiterentwickelt. Will man, dass Max so selbstbewusst wie möglich ist oder bleibt man bei der Linie, mit der man aktuell entwickelt? Welcher der beiden Fahrer sich sicherer fühlt, wird bessere Leistungen bringen.”
“McLaren wird besser und besser”
Während Red Bull die Rennsiege an der Spitze derzeit unter sich ausmacht, bleibt McLaren das viertstärkste Team der Formel 1. Während in der Vorsaison sogar ein Doppelsieg in Monza heraussprang, gab es bisher nur gemischte Resultate.
Dennoch ist sich Montoya in unserem Interview sicher: “Ich denke, sie haben viel Potential. Ich bin nah an McLaren dran, weil ich in ihrem Team in der Indy500 fahre, sodass ich viele Mitarbeiter kenne. Deshalb glaube ich, sie werden besser und besser.”
“Ich persönlich war genauso wie sie selbst überrascht, dass das Auto mit dem letzten Update nicht schneller wurde. Die große Frage ist, wann das nächste große Update kommt.”
“Hier wird es richtig interessant. Jeder entwickelt und entwickelt und die Veränderungen sind dieses Jahr aufgrund der neuen Regeln nicht gerade klein, sondern riesig!”
“Die Art und Weise, wie in diesen Autos die Downforce generiert werden muss, ist anders als je zuvor. Das bringt zwar viele Probleme mit sich, aber bietet zur gleichen Zeit viele Möglichkeiten, damit Teams große Schritte machen.”